Vom Verlassenwerden
Eine ewig Suchende
Anna ist jung. Nicht mehr blutjung, denn sie hat schon einiges gesehen. Anna ist in einer Beziehung. Doch macht sie sich viele Gedanken, die nicht aufhören, in ihrem Innern zu kreisen: Ist in dieser heutigen Zeit so etwas wie eine nutzenunabhängige Beziehung überhaupt möglich? Will ich das? Kann ich das? Wo will ich hin? Wer will ich sein? Wer kann ich sein? Liebt mich jemand? Liebe ich mich selbst? Wir erzählen ihre Geschichte in kleinen Abschnitten:
Ist sie bi?
Pustekuchen, so was hat eine sattelfeste Lesbe nicht erwartet: In ihren Träumen wagt sie es, von Männerhänden begehrt zu werden! Ganz normal, dachte sie zu Beginn, doch die Träume manifestieren sich zu einer Verheissung. Erfahrungen mit Männern hatte sie bereits gemacht, fand es aber stets etwas befremdend, dieses Teil, das Mann zwischen seinen Beinen trägt. Und nun – nicht mehr! Plötzlich erfährt sie imaginär, wie prickelnd etwas Lebendiges in ihr drin sein kann. Etwas Hartes.
Auf Irrwegen
Unsere Protagonistin, diese junge Mademoiselle, handelt nicht immer sehr bedacht. Just do it, do it do it, do it NOW blitzt als unterbewusstes Element immer wieder in ihr auf. Nein, sagt sie sich, und tut das, was im bürgerlichen Lesbenmilieu so üblich ist, nämlich mit der Partnerin zusammen ziehen. Sie sagt sich: jetzt oder nie!
24 Stunden später
Sie sieht sich umherirrend und auf Parkplätzen nach einem Fick suchend. Es gefällt ihr. Das Risiko ist ungewiss, und ihr Begehren unendlich. Der Exzess ermöglicht eine Pause auf der ewigen Suche nach Sinn.
Das Erwachen
Grobfahrlässig und absolut zerstörerisch ist ihr Verhalten, und so sind auch die Konsequenzen. Ihre damalige Lebenspartnerin sieht sie an, ihr Kuss ist kalt, indifferent. Sie macht Schluss. Unsere Hauptdarstellerin ist ratlos, verwegen, leichtsinnig, aber charmant, grausam charmant. Und einsam.
Die Geliebte
Als ich mit dir zusammen war, glaubte ich an Liebe und hatte keine Angst mehr, den Ungläubigen zu begegnen. Ohne dich, so wie es jetzt ist, kommt eine endlose Destruktion meiner Selbst zum Zuge.
O-Ton: Avec toi, je n’avais plus peur à confronter les cyniques. Sans toi, le principe destructif m’emprisonne.
Eine Odysse in der Schweiz
Wohin will sie gehen? Sie weiss es nicht. Einfach weg von der gemeinsamen Wohnung, in der ihre Ex und sie noch immer leben. Die Ex ist kalt, ihr Blick lieblos. Es ist unerträglich für unsere Protagonistin. Sie flüchtet. Doch wohin? Irgendwohin. Sie ruft Typen an, die sie kaum kennt und noch nie getroffen hat, flieht, flieht vor dem dunklen Schmerz, der endlosen Tristesse, und gib sich der Lust hin. Mit ihren Kolleginnen geht sie nach Biel, dort ist es warm, die Leute anders, die Stimmung gut. Aber eigentlich ist nach so einem tiefen Verlust alles egal. Sinnlose Sinnleere.
Renaissance?
Zurück in der Wohnung. Ihre Ex ist da, putzt neurotisch und schaut gleichgültig fern. Doch sie spricht wieder mit Anna.
Ex: Wo warst du?
Anna: Ich weiss es nicht.
Ex: Bleibst du jetzt da?
Anna: Ja. Bleibst du dann auch da?
Ex: Ja.
Anna: Ich meine bei mir.
Stille. Die Verletzung sitzt tief und die Ex kämpft um ihre Integrität. Denn wenn sie sich selbst liebt, wird sie sich das nicht länger antun.
O-Ton: Ich bleibe da. Auch wenn du gehst. Bleibe ich.
2 Comments
war es auch irgendwie. danke dir und liebe grüsse us em schwiiizerland. würde gerne mal münchen abchecken, wie seid ihr so? B<3
herzzerreissend. Grüße aus münchen. B<3