Mit Herzklopfen fängt es an – Poesie
Mit Herzklopfen fängt es an…
Gefolgt von Grinsen, Zittern und Hitzewellen.
Beginnt es doch mit Begehren,
geht mit Herzklopfen es weiter.
Nicht vor Aufregung, Erwartung und Lust.
Sondern aus Angst.
Angst vor Entdeckung, Angst vor Streit.
Angst vor Ablehnung, Angst vor Strafe.
Begehren und Angst untrennbar.
Ich liebe trotzdem!
Nicht fremd, nicht verkehrt.
Gleichzeitig für Aussenstehende noch nie so fremd und verkehrt gewesen.
Nie so in Frage gestellt.
Mit der Zeit gewöhnt sie sich daran,
und lernt,
sich zu wehren.
Gegen die Blicke,
das Gerede, die Vorwürfe.
Gegen die Frau, die diese Gefühle auslöst.
Überhaupt gegen Gefühle!
Ich bin nicht verliebt.
Kein Bock auf Schuld und Scham
und Verletzlichkeit.
Von sich-das-eigene-Leben-ruinieren.
Ich weiss, was ich soll.
Sein, wie ich nicht bin.
Was mich nicht daran hindert, es doch zu tun.
Was will mein Herzklopfen von dieser Frau überhaupt?
Denn ich liebe sie nicht einmal!
Okay, ich begehre sie…
Begegne ich mir selbst in ihren Erzählungen, erkenne ich sie in meinen Gedanken wieder.
Ihr Misstrauen weicht ihrem zauberhaften Charme.
Wie lange noch?
Kann ich das Tempo nicht wählen.
Dass wir uns ähneln, nicht miteinander identisch sind.
Uns unter-scheiden
heisst scheiden, heisst Trennung.
Und doch begehr ich sie!
Wie ich bin,
es macht stark,
es ist stark.
Doch macht es wehrlos und bedürftig,
fordert Offenheit
und Hingabe.
Es ergreift Herz, Kopf und Verstand.
Und doch verstehe ich nichts.
Verstehe mich nicht,
verstehe sie nicht.
Kann dies doch nicht Liebe sein.
Wenn mein Begehren sich nicht länger auf das richtet,
was nie sein kann,
nie erreicht werden kann.
Wenn ich vielmehr nach einer verlange,
deren Grund mir verständlich ist,
deren Verschiedenheit
mir Facetten meiner selbst zeigt, in deren Anderssein ich Züge
von mir erkenne
– verschüttete, verlorene, ersehnte, verabscheute, furchteinflössende und beglückende, ganz und gar unbekannte –
aber immer Möglichkeiten, die in mir selbst in meinem Körper liegen.
Weder Bildung, noch Aussehen, Benehmen, Sexualpraktik noch politische Meinung.
Was ich wieder erkenne ist wärmende Energie, vertrauen,
zärtliche Passion.
Kein Ort, nirgends!
Träume ich doch nur!
Jederzeit, jederort.
Überall,
überall und doch nirgends!
Ich schreib dir kein Liebesgedicht.
Davon hab ich genug.
Liebe dich ja gar nicht.
Du machst mich unruhig
geradezu nervös,
und eigentlich traue ich dir nicht.
Trage ich doch noch mehr Masken
als du
– schillere & spiele –
und zucke zusammen.
Doch spreche ich zu dir,
wie zu wenigen
– spreche ich doch immer zu allen –
und zeige mich verletzlich.
Denn da ist manchmal
ein Ernst in deinen Augen,
fast Wärme, ein Verstehen…
Und noch tagelang
fürchte ich,
zu vertraulich gewesen zu sein.
Zu nackt und lächerlich
vor dir.
Und alles an dir
macht mich zornig,
und lässt mich schweben.
Dann pflege ich,
nonchalant,
fast ohne Gruss
zu gehen…
Chantal Genoud
(vgl. Lesben und Coming Out, 1993)
______
Lesben und Coming Out
Verlag Coming Out, Zürich, 1993
Weil sich viele Frauen durch die “klassischen” Coming Out Bücher und Broschüren nicht angesprochen fühlen, und lesbische Themen meist nur kurz abgehandelt werden, hat sich ein Zürich eine Gruppe von Frauen ans Werk gemacht und ein Buch speziell für Lesben veröffentlicht. Auf rund 200 Seiten finden sich Kapitel zu den Themen Coming Out, Partnerschaft, Lesben und Kinder, Sexualität etc. Zusätzlich enthält das Buch über fünfzig Erfahrungsberichte.
Bezugsadresse: Redaktion Coming Out, Mattengasse 27, CH – 8005 Zürich
oder per e-mail: frauenzentrum@access.ch – bitte Namen und Adresse nicht vergessen!
Preis: sfr. 25.- plus Porto.
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