La belle saison – Eine Sommerliebe
„La belle saison“ erschien im August 2015 in den Kinos und eroberte die Herzen der Zuschauer und Zuschauerinnen im Sturm. Der Film erzählt die Geschichte von Délphine, einer lesbischen Bauerntochter, die in den 70er Jahren in Paris der Frauenrechtlerin Carole begegnet. Die beiden verlieben sich und kämpfen gemeinsam für das Recht und den Bestand ihrer Liebe. Dennoch ist „La belle saison“ nicht einfach ein lesbischer Liebesfilm. Es geht um mehr als Liebe und auch um mehr als Homosexualität.
Die Geschichte
Der Film beginnt in den frühen 70er Jahren auf dem Land, dem heimischen Hof von Délphine. Man sieht die natürliche, junge Frau in weitem Tanktop schwere Landmaschinen fahren, melken und mit ihren Eltern in der einfachen Küche speisen. Während Délphines Eltern hoffen, ihre Tochter heirate den Nachbarsburschen Antoine, der unübersehbar in die Anpackerin Délphine verliebt ist, trifft sich Délphine abends lieber mit ihrer Jugendliebe – einem Mädchen aus dem Dorf. Die Idylle zerbricht jäh, als Délphines Freundin ihr eröffnet, dass sie einen Mann heiratet, wie das alle machen. „Es war nichts Ernstes. Wir müssen erwachsen werden, Délphine“, sagte sie, als Délphine auf die Heiratspläne mit Unverständnis reagiert.
Der Film macht einen Zeitsprung und wir landen im Jahr 1974 in Paris. Durch Zufall gerät Délphine in eine Aktion der Frauenbewegung. Dort lernt sie Carole, eine Spanischlehrerin und Frauenrechtlerin kennen. Délphine verliebt sich rasch in diese energiegeladene, selbstbewusste und selbstbestimmte Frau mit goldener Lockenmähne und Lachen à la Julia Roberts. Als sich die Beiden nach einer Rettungsaktion für einen Schwulen Freund näher kommen, blockt Carole alles ab. Sie sei nicht lesbisch. Délphine antwortet „ich auch nicht“ und küsst Carole leidenschaftlich. Daraufhin folgt die erste Liebesnacht der beiden. Während Carole erst glaubt, das sei etwas Einmaliges – schliesslich ist sie ja mit Manuel zusammen – bemerkt sie kurz darauf, dass sie Délphine und der lebsichen Liebe verfällt. Die beiden kommen zusammen, stürmen während des Tages Hörsääle und organisieren Demonstrationen für die Selbstbestimmung der Frau und haben nachts leidenschaftlichen Sex.
Alles scheint wunderbar, aber Film wäre nicht Film, wenn eine schöne Handlung nicht eine tragische Wendung erlebt. Délphines Vater erleidet einen Schlaganfall und erholt sich nicht mehr davon. Délphine zögert keinen Augenblick und reist zurück auf das Land. In das Dorf, in der Frauen Männer zu heiraten haben und kein Mitspracherecht gewährt wird. Die Zeit in Paris hat Délphine aber mit Kampfgeist beflügelt und so setzt sie sich in der Männerdomäne Bauerntum rasch durch. Sie vertritt ihren Vater bei Genossenschaftskäufen und bestellt mit ihrer Mutter den Hof. Nach einigen Wochen fährt Carole Délphine nach und bleibt gleich für mehrere Wochen auf dem Hof. Carole wird erst überall herzlich aufgenommen und integriert. Aber je länger ihr Besuch dauert, desdo schwieriger wird es für die beiden, ihre Liebe geheim zu halten. Während Carole auf ein Coming out drängt, fürchtet sich Délphine vor der Reaktion ihrer konservativen Mitmenschen. Es kommt wie es kommen muss: Die beiden werden zusammen erwischt und Carole wird von Délphines Mutter vor die Tür gesetzt. Carole packt ihre Sachen und Délphine entscheidet sich, den Hof ebenfalls zu verlassen und mit Carole in Paris zu leben. Am Bahnhof, im letzten Augenblick, steigt Délphine jedoch nicht in den Zug ein und Carole fährt alleine in Richtung Stadt.
Wer nun enttäuscht denkt „wieder ein lesbischer Liebesfilm ohne Happy End“, dem darf gesagt sein, dass es am Schluss ein Happy End gibt. Einfach nur anders, als erwartet.
Filmkritik
La belle Saison besticht mit wundervollen Bildern eines Frankreichs in den 70er Jahren. Auf dem Land scheint immer die Sonne und taucht die ganze Geschichte in ein goldenes Licht. Ich, als Kind der späten 80er, habe mich köstlich über die Beatlesfrisuren der Männer und die damalige Mode amüsiert. Gleichzeitig musste ich feststellen, dass die Frauenrechtlerinnen damals nicht nur für ihr Recht auf die Pille und Abtreibung gekämpft haben, sondern bereits damals um Lohngleichheit. „I can not believe that we still protesting that shit“, kam mir spontan in den Sinn. Auch die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Land und Stadt sind heute noch genau so zu beobachten. Dafür muss man nicht einmal die Provence mit Paris vergleichen.
Im Film geht es aber um viel mehr als um lesbische Liebe und Frauenrechte. Es geht um zwei Menschen, die sich in einer Zeit des Umbruchs begegnen und ineinander ebenfalls einen Umbruch bewirken. Während die heterosexuell lebende Carole erst während der Beziehung zu Délphine spürte, wie tief sie eigentlich lieben könnte, wenn sie den richtigen Menschen liebt, hat Délphine dank der selbstbestimmten Carole und der Frauenrechtsbewegung erst das Selbstbewusstsein entwickelt, das sie brauchte, um mit den Aufgaben in ihrem patriarchischen Dorf zurecht zu kommen.
Im Film entwickeln sich die beiden Charaktere weiter und der Wandel der selbstbewusten Carole ist noch fast beeindruckender, als der von Délphine. Die Geschchte hält einem einen Spiegel vor: Wer bist du heute und wer möchtest du eigentlich sein? Bist du wirklich glücklich in deiner jetzigen Situation? Willst du wirklich nicht dafür kämpfen, was dir verwehrt bleibt?
„La belle saison“ kann man nicht einfach konsumieren. Die Story hallt nach, sie berührt jeden genau an seinem Wunden Punkt – aber nicht unangenehm. La belle saison ist wie ein kleiner Anstupser, damit man sich mal wieder mit seinen eignen Sehnsüchten und Grenzen auseinandersetzt. Der Film ist aber auch etwas Tolles für das Auge. Die Kamera ist nah am Geschehen und an den Charakteren. Mitfühlen ist einfach, sei es bei den zahlreichen sinnlichen Liebesszenen, wenn Délphine mit ihrem Coming out hadert oder wenn es Carole vor lauter Sehnsucht fast zerreisst. La belle saison ist wild-romantisch, manchmal tragisch und lässt einem nicht so schnell aus seinem Bann. Es ist ein wundervoller Film, der sich hervorragend bei einem Glas Wein mit der Liebsten oder in der Mädelsrunde gucken und diskutieren lässt.
DVD zu gewinnen
Den ersten beiden Personen, die uns eine Nachricht mit Adresse via redaktion@lesbianchic.de oder via Facebook zukommen lassen, sende wir ein Exemplar der eben erschienen DVD. Ran an die Tasten!
No Comment