Kurzgeschichten

Merry Christmas! Gratis Leseprobe aus unserem neuen Liebesroman

Morgen öffnet ihr das erste Türchen am Adventskalender, heute öffnen wir schon einmal die Buchdeckel unseres brandneuen Liebesromans Die Frau die fliegt. Ihr habt richtig gelesen! Es ist tatsächlich unser Roman. Das Ganze hat sich in etwa so ergeben:

Chantal: Hey Luisa, wieso schreibst Du nicht mal ein Buch?

Luisa: Ähm… klar!

Chantal: Die Protagonistin soll jung und tough sein. Wäre auch cool, wenn sie Gedichte schreibt.

Und so wurde unsere Heldin Toni geboren. Lies weiter, um einen Einblick in ihre Geschichte zu erhalten!

Die Frau die fliegt – darum geht es:

Tonis Leben ist ein perfektes Chaos. Ihr Studium hat sie geschmissen, den Glauben an die Liebe verloren und der Familienfrieden stützt sich auf ein wankendes Lügenkonstrukt. Denn Toni hütet ein Geheimnis!
Um über die Runden zu kommen, verbringt sie die Nächte mit Frauen, die für ihre Dienste zu zahlen bereit sind. Schöne, schrullige, berühmte, gewöhnliche, junge und reife Frauen.

Que(e)r durch die Betten, die Freiheit auf der Zunge, erkundet Toni das verletzliche Paradies der Weiblichkeit. Die Lust, aber auch die Furcht, hält Toni in Gedichten fest. Berührende Verse, die sie allein ihrem Notizbuch anvertraut.
Nur ihre beiden besten Freundinnen sind eingeweiht – aber die stecken mit den Köpfen gerade in Wolke sieben fest und frisch Verliebte sind, wie jeder weiß, unerträglich.
So könnte Tonis Leben weiterplätschern, Vers für Vers. Aber Gott wäre kein Zyniker, wenn er nicht einige verflixte Wendungen parat hätte. Denn manche Verliebte sind nicht, was sie zu sein behaupten.
Und manchmal überfällt die große Chance einen nackt im Bett…

Die Frau die fliegt gibt es bereits als ebook, in den nächsten Tagen wird der Roman auch noch als Taschenbuch erscheinen.

Wir wünschen Dir viel Spaß mit der kostenlosen Leseprobe!

Vorspiel

Schlafe, schlafe Göttin süß,

derweil ich wache bei der Tür,

trunken noch vom Elixier,

das sie mich kosten ließ.

Verliebt in kühle, rote Bänder

tanzt sie ob der Sippe Brauch

über Seen, Felsen, Länder.

Tanzen, Göttin, will ich auch.

Ruht sie nun…

Toni unterbricht sich darin, das Ende ihres Bleistiftes zu zerkauen, und schlägt ihr Notizbuch zu, als die Kellnerin ihr neugierig über die Schulter späht.

„Jedes Mal, wenn du hier bist, sehe ich dich über dieses Buch gebeugt. Bist du Schriftstellerin?“

Um diese Frage zu beantworten, müsste Toni weit ausholen: Zuerst müsste sie die Notwendigkeit von Berufsbezeichnungen philosophisch infrage stellen, dann ihre komplizierte Lebenssituation erläutern und in den Raum werfen, ob jemand, der gelegentlich Gedichte in ein Notizbuch kritzelt, sich schon als Schriftstellerin bezeichnen dürfe. „So etwas in der Art“, sagt sie.

Das „Wow!“ der Kellnerin fühlt sich unverdient an und Toni ist froh, als sie sie wieder von hinten sieht. Einerseits weil bei diesem Anblick jedes Mal ein Cappuccino vor ihr auf dem Tisch steht – und auch, weil ihr Hintern dafür modelliert ist, die Fantasie anzuregen.

„Hey!“ Gefolgt von der Flut ihrer wirbelnden braunen Locken, gleitet Mascha aus ihrer Jacke und neben Toni. „Was für ein Tag. Ich wäre viel früher da gewesen, hätte Mister Nadelsteifen nicht seine Redezeit überzogen. Wie bei jeder verfluchten Konferenz. Weißt du, ich hasse diesen Job. Gleich morgen…“

„…geh ich zu Mister Nadelstreifen und knall ihm meine Kündigung auf den Tisch“, vollendet Toni den Satz ihrer Freundin.

„Diesmal meine ich es ernst. Eine heiße Schokolade bitte!“, ruft Mascha, während die Kellnerin schon mit der dampfenden Tasse kommt.

Grinsend schiebt Toni Notizbuch und Stift in die Umhängetasche, die an ihrer Stuhllehne baumelt, und macht gedanklich ein Häkchen hinter Gesprächsthema Nummer eins. Mascha ist die Konstante in Tonis Leben. Immer liebenswert, immer unzufrieden und so hetero, dass es beinahe wehtut. Die Frau, die in ihrem Lieblingscafé immer das Gleiche bestellt. Die Freundin, von der sie hundertprozentig weiß, dass sie sich nie ineinander verlieben werden, und vor der ihr darum gar nichts peinlich sein muss. Geduldig lässt sie Mascha über ihren Chef herziehen, obwohl sie beide wissen, wie gerne sie ihm in Wahrheit den Nadelstreifenanzug vom Leib gerissen hätte.

„Lochen Sie bitte diese Dokumente“, äfft Mascha ihn nach. „Hallo? Mache ich meinen Master, um dann der Praktikantin die Arbeit wegzunehmen? Am liebsten hätte ich ihm den Stapel…“, und gestenreich deutet sie an, wie sie ihm die Akten samt Locher in den Rachen stopft.

„Was hast du ihm geantwortet?“

„Ja, Chef.“

„Nein!“ Jammervoll wringt Toni die Hände gen Himmel. „Beim nächsten Mal sagst du: Wie wäre es, wenn Sie stattdessen mich lochen?“ Ihre wohlwollenden Spötteleien sind wie Salbeibonbons bei einer Erkältung: keine Hilfe, tun aber gut. Zwar errötet Mascha bis an den Haaransatz, doch sie kichert, löffelt die Sahne von ihrer Trinkschokolade und schon läuft die Welt wieder in den Fugen.

„Was ist mit dir? Triffst du dich noch mit dieser Journalistin?“

„Gelegentlich. Sie ruft nicht mehr so oft an wie früher.“

Prüfend legt Mascha den Kopf schief. „Du hast wieder eine Neue kennengelernt. Stimmt‘s?“

„Sie ist Schauspielerin am Theater. Ich gehe heute Abend das erste Mal zu ihr.“

„Wie alt ist sie?“

„Fünfunddreißig.“ Weil Mascha sich an ihrer Schokolade verschluckt, fügt Toni hinzu: „Mister Nadelstreifen ist auch älter als du.“

„Das ist was Anderes“, hustet Mascha. „Bei einem reichen Unternehmer fallen zehn Jahre nicht so sehr ins Gewicht. Aber eine Schauspielerin…“

„Mir wär’s auch schnurz, wenn sie sechzig wäre und Operettensopran. Celine ist eine interessante Frau.“

Sofort drängt sich lebhaft und farbig die Erinnerung an ihre erste Begegnung auf Tonis innere Kinoleinwand: In ihrem Abendkleid aus Satin stand Celine im Foyer des Theaters. Aschblonde Wellen, Stilettos und eine Hüfte, die Toni am liebsten mit beiden Händen gepackt und auf ihren Schoß gedrückt hätte. Celine war gerade in ein Gespräch vertieft. Sie hat ein Lächeln, das auf der Haut prickelt wie Perlen an einem beschlagenen Sektglas. Bis zu diesem Moment hatte Toni es bereut, nicht in der Pause der Hamlet Premiere verduftet zu sein. Die Regisseurin hatte einen Bottich mit Wasser auf die Mitte der Bühne setzen lassen, um Ophelia splitternackt beim Ertrinken zeigen zu können. Dabei hatte Shakespeare die Nachricht von ihrem Tod absichtlich in einen Dialog gepackt, um der armen Ophelia nicht auch noch das letzte Krümel Würde zu entreißen. Und wer war auf die Idee gekommen, sie vorher mit Kunstblut einzureiben?

Gerade als Celine sich von ihrem Gesprächspartner verabschiedete, ging Toni an ihr vorüber und ließ wie zufällig ihre Handtasche fallen, das Übliche eben. Wie ungeschickt von mir, vielen Dank für Ihre Hilfe, Hände berühren sich zum ersten Mal, wieso duzen wir uns nicht, mein Name ist Toni, ihr Name ist Celine. Etwas leuchtete auf in ihren Augen, als Toni vor ihr stand. Vielleicht war es das Spiegelbild des Lichtblitzes, der das Raum-Zeit-Gefüge um sie herum zerriss.

„Hat dir die Inszenierung gefallen?“

„Ja“, sagte Toni schnell, zögerte. „Wem mache ich etwas vor? Die eingebaute Szene, in der Ophelia ertrinkt, finde ich grotesk.“

Celines Schultern bebten vor Lachen. „Alle haben ihr gesagt, dass es Mist ist, aber die Regisseurin wollte es unbedingt machen.“ Das Eis war gebrochen, der Rest Geschichte. Es fiel Toni noch nie so leicht, Worte zu finden.

„Ich werde gleich mit meinen Kollegen zusammen auf die Premiere anstoßen“, sagte Celine. „Möchtest du mich begleiten?“

Toni tat so, als prüfe sie kritisch die Uhrzeit auf ihrem Smartphone, während sie mit der Frontkamera ihr Makeup kontrollierte. „Wieso nicht?“ Und irgendwann gegen ein Uhr morgens in einer Bar im Theaterviertel war der Augenblick gekommen, in dem Toni sagen musste, dass sie manchmal für Geld mit Frauen schläft. Celine reagierte nicht abgestoßen, sondern fasziniert. Gegen drei Uhr bot sie Toni an, ihre Telefonnummern auszutauschen.

Celine versteht die Bedeutung der Sprache hinter den Worten, da ist sich Toni sicher. Wie gern würde sie ihr die Verse zeigen, die sie in ihrem Notizbuch gesammelt hat – auch auf die Gefahr hin, dass ihre Kritik Toni in eine endgültige Schaffenskrise stürzen wird. Celine gibt sich nicht mit weniger zufrieden, als sie für das Beste hält. Keine Kompromisse, keine Notlügen oder falsches Lob, um einer angespannten Künstlerseele einen Gefallen zu erweisen. Alles an ihr ist pur. Ihre Erscheinung, ihr Leuchten, ihre Größe beförderten Toni umgehend und willig zu ihren Füßen, vom ersten Augenblick an.

Tonis schlanke Finger dirigieren den Löffel durch den Cappuccino. Versunken lauscht sie dem Klirren, als das Metall den Bauch der Porzellantasse streift.

„Hast du dich verliebt?“, fragt Mascha.

„Ich liebe jede dieser Frauen, solange sie bei mir sind. Das weißt du.“

„Aber diesmal ist es anders.“ Halb fragend, halb wissend, lächelt Mascha. „Hast du schon etwas über sie in dein Notizbuch geschrieben?“

Erwischt. Tonis Ohren färben sich rosa. „Das hat nichts zu bedeuten. Sie ist inspirierend und sieht zum Niederknien gut aus – aber das könnte ich auch von tausend anderen Frauen sagen.“ Sie unterdrückt ein Seufzen. „Ich kenne mich. Ein paar Wochen lang finde ich sie interessant. Vielleicht fühlt es sich sogar an wie Liebe, wenn wir zusammen sind. Aber es wird vorübergehen und ich werde ihr nicht nachtrauern.“

„Na, wenn du dir so sicher bist. Du weißt, ich könnte nie mit jemandem Sex haben, den ich nicht liebe. Erst recht nicht gegen Geld.“

„Lalalala!“, macht Toni, um den letzten Teil des Satzes zu übertönen. „Lauter, ich glaube in Hamburg hat man dich noch nicht gehört.“

Entschuldigend berührt Mascha ihren Arm. „Ich frage mich nur, wie du überhaupt erkennen willst, dass es Liebe ist, wenn jedes Mal dieses… Thema im Raum steht. Vielleicht triffst du eines Tages jemanden, bei dem es keine Rolle mehr spielt. Jemand, den du unbedingt in deinem Leben haben willst, für den Rest der Zeit, ganz egal was es kostet.“

Mascha liest eindeutig zu viele Chick Lit Romane, findet Toni. Solche, in denen am Ende Schwüre für die Ewigkeit getauscht werden oder der männliche Protagonist seiner Angebeteten zumindest einen Heiratsantrag mit roten Rosen macht. Für Toni sähe so ein Happy End ganz anders aus. Statt der Verlobungsringe gäbe es vielleicht Handschellen und statt brav miteinander anzustoßen, würde sie ihrer Liebsten den Champagner aus dem Bauchnabel lecken. Sie wird sich keinen Keuschheitsgürtel umbinden und sich für den einen Menschen aufsparen, nicht mal wenn die Hölle gefriert.

„Ja“, sagt sie, um Mascha einen Gefallen zu tun. „Vielleicht hast du recht.“

Kapitel 1

Der Himmel zwinkert ihr zu. Ein einzelner Stern schwebt über dem abendroten Horizont. Aus dem Hinterhof steigt der Geruch warmen Asphalts und abendlicher Melancholie zu ihnen auf. Toni muss sich am Geländer des Balkons festhalten, um nicht vor Glück davonzufliegen.

Eine Tasse Tee in der Hand, schmiegt Celine ihr Becken an Tonis Hintern. „Ich habe die Vorhänge zugezogen. Dieser Spanner drüben aus der elf kriegt von mir keine gratis Vorführung.“

Wie auf Kommando bewegt sich die Gardine an einem Fenster des gegenüberliegenden Blocks.

„Dann hast du vor, verbotene Dinge zu tun, die keiner sehen darf?“, neckt Toni und Celines spitzbübische Kichern an ihrer Schulter zaubert ihr eine Gänsehaut.

Dieser Moment wird nie zur Gewohnheit. Diese honigsüße Gewissheit, dass du kurz davorstehst, mit jemandem zu schlafen. Manchmal geschieht es plötzlich, ein Blitzlicht mit Signalton. Meistens stellt die Erkenntnis sich allmählich ein, wird klarer mit jeder Geste und jedem vertrauten Wort.

Celine besteht auf erstere Variante – sie will oder sie will nicht. Dazwischen gibt es nichts, kein Raum für Nährboden, auf dem Begehren wächst. Boom. Blitzlicht.

Aber Toni gewöhnt sich nur langsam an den Gedanken, der dem Gefühl folgt.

Diese Frau gestattet ihr, sie zu berühren. Jedes Mal, wenn das geschieht, kommt es ihr wie ein Wunder vor. Bis die Hände, die sich in Laken krallen, der Verlauf des Schlüsselbeins, die Art ihrer Schreie und der Geschmack ihres Geschlechts Toni vertraut werden und der Zauber nachlässt.

Aber noch ist es nicht so weit. Celine ist eine Schatzinsel, die unerforscht vor ihr liegt.

„Komm rein. Komm zu mir.“ Ihre Brüste sind weich, ihre Stimme ganz nah und kehlig. Celines Finger fahren Tonis Nacken empor, verfangen sich in ihrem schwarzen Haar, ziehen sie ins Schlafzimmer.

Alles ist möglich, nichts verboten. Wenn Toni an die vielen ersten Male zurückdenkt, die vielen Momente der Anziehung, die sich aufbaut, flirrt, explodiert und in goldenen Funken auf sie niederregnet, ist es jedes Mal anders gewesen. Immer neu, immer aufregend.

Celines Körper unterscheidet sich nicht von denen der Frauen, mit denen Toni vor ihr zusammen war. Brüste und Beine sind immer an erwarteter Stelle, das Ziel immer dasselbe. Wie sie seufzen, sich aufbäumen, sich entladen und der Funkenregen Tonis Haut versengt. Und dennoch gibt es tausend Unterschiede.

Die Art, wie Celine ihr Haar löst und es über ihre Schultern fällt. Ihr hohes Seufzen. Die Art, wie sie Toni unter halb geschlossenen Lidern beobachtet. Das Vergnügen, das es ihr bereitet, Toni dazu zu reizen, sich gehen zu lassen, mehr und mehr.

„Es reicht mir nicht, dich auszuziehen“, sagt sie. „Ich will, dass alles, was dich ausmacht, ganz nackt und bloß vor mir liegt.“ Ist es das, was man Bettphilosophie nennt? Ein Gedanke, der wie eine Luftblase aus dem Meer aufsteigt, aus ungewisser Quelle, doch mit unabwendbarem Ziel.

…ruht sie nun in weichen Laken,

wo kein Windhauch ihrer zürnt

darf die Dienerin es wagen,

zu küssen ihre heiße Stirn.

Ein erfüllter Wunsch gebärt

süchtig wachsendes Verlangen.

Erbarme dich und nimm gefangen

den Wunsch, der meine Seele nährt.

„Ist das neu? Wann hast du das geschrieben?“ Sachte reibt Celine ihre Wange an Tonis Schulter, während sie die gekritzelten Zeilen zu entwirren versucht.

„Den ersten Teil heute Vormittag, die letzte Strophe gerade eben.“

„Lies mir vor.“ Sie zieht die Bettdecke enger um ihren nackten Körper. Ein Schmetterling, der zuhört, wie die Raupe vom Fliegen schwärmt. „Das ist zauberhaft, Toni. Jetzt bin ich eifersüchtig auf diejenige, die dich dazu inspiriert hat.“

„Das warst du.“

„Wirklich?“ Ihr Kuss ist wie ein Überfall. Ein überschwänglicher, egoistischer Kuss, der etwas in Toni anrührt. Das drängende Verlangen, dieser Frau mehr zu geben, als sie aushalten kann. Sie zu überfluten mit Versen, Küssen und brennender, fleischlicher Lust.

Fortsetzung folgt! Hier kannst Du Dir das ebook holen.



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