Freiheit für „Pussy Riot“!
Im Februar dieses Jahres gab die Band „Pussy Riot“ in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale ein verhängnisvolles „Punk-Gebet“ zum Besten, um gegen den damaligen Kandidaten und heutigen (Wieder-) Präsidenten Wladimir Putin zu demonstrieren. Mittlerweile, bald fünf Monate nachdem sie deswegen in Polizeigewahrsam genommen wurden, sitzen die drei Mitgliederinnen Nadeschda Tolokonnikowa, Maria Alechina und Jekaterina Samuzewitsch noch immer in Haft – und warten auf ihr Urteil. Eine Chronik der bisherigen Geschehnisse.
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Die Folgen eines „Punk-Gebets“
Die feministische Punk-Rock Band „Pussy Riot“ entspringt, ebenso wie ursprünglich die US-Band „Gossip“ dem „Riot Grrrl Movement“ und besteht aus mehreren Mitgliederinnen, je nach Quelle zwischen 10 und 20 an der Zahl. Sie sind allesamt um die 20 Jahre alt. Im Rahmen der unzähligen Demonstrationen, dies es in diesem Frühjahr in Zusammenhang mit der bevorstehenden Wiederwahl des ehemaligen Präsidenten Wladimir Putin gab, und die von zahlreichen Menschen in ganz Russland unterstützt wurden, absolvierte die Gruppe mehrere öffentliche Auftritte, die sie auch filmisch festhielten und auf Youtube publizierten. Eine dieser Aktionen, nämlich jene vom 21. Februar 2012, sollte das Leben der Band aber nachhaltig verändern: Nachdem der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., zur Unterstützung Putins aufgerufen hatte, gaben sie in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, dem zentralen Gotteshaus der russisch-orthodoxen Kirche, ein „Punk-Gebet“, zum besten, das sich gegen den Präsidentschaftskandidaten richtete. Kurz darauf wurden die „Pussy Riot“-Mitgliederinnen Nadeschda Tolokonnikowa, Marija Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch in U-Haft genommen.
Die Macht von Kirche und Staat
Kyrill I. wertete das „Punk-Gebet“ als „Blasphemie“ und „ernstzunehmenden Angriff auf die Kirche“. Putin selbst habe „negativ“ auf den Vorfall reagiert, so sein Sprecher. Was wohl der Grund dafür ist, dass Tolokonnikowa, Aljochina und Samuzewitsch erst im Juli offiziell wegen „Rowdytums“ angeklagt wurden. Nach Monaten der Ungewissheit, nach Monaten, während denen sowohl die Kirche wie auch der Staat ihre Muskeln auf Kosten der drei jungen Frauen spielen liessen. Nach Monaten der Folter und unmenschlichen Verhaltens, wie die Verteidigerin der Sängerinnen, deren zwei übrigens kleine Kinder haben, den Medien mitgeteilt hat. Die Geschichte begann, um die Welt zu gehen. Immer mehr Organisationen, Berühmtheiten und ausländische Politiker erhoben ihre Stimme, und machten sich für eine Freilassung der Band-Mitgliederinnen stark. Das offizielle Russland blieb davon unbeeindruckt. Eine siebenjährige Haftstrafe stand im Raum. Die Anklage legte psychologische Gutachten vor, die den jungen Frauen Persönlichkeitsstörungen unterstellten. Eine Aussicht auf Besserung ihres Zustandes wäre nur dann möglich, wenn sie von der Gesellschaft ausgeschlossen würden. Auf Russisch bedeutet das: Arbeitslager.
Putin, der „Retter“
Vergangene Woche äusserte sich Wladimir Putin erstmals selbst zum Prozess: Zwar seien die Taten der Mitgliederinnen von „Pussy Riot“ nichts Gutes, trotzdem sollten sie dafür „nicht allzu hart“ bestraft werden. Die Entscheidung über das Strafmass liege aber schlussendlich beim Gericht. Kaum waren diese Worte publiziert, lenkte auch die russisch-orthodoxe Kirche, die zuvor eine harte Bestrafung gefordert hatte, ein: Die Protestaktion sei zwar „sehr dumm und verletzend“ für die Gläubigen gewesen, gleichwohl sei es aber auch „dumm“, noch länger über dieses Vorkommnis zu debattieren. Die Staatsanwaltschaft hat heute das geforderte Strafmass vor Gericht platziert: drei Jahre Haft. Mit dem definitiven Urteil ist in den nächsten Tagen zu rechnen. Wie auch immer dieses ausfällt, Putin hat einmal mehr deutlich gemacht, dass er keine Auflehnung gegen seine Person oder seinen Regierungsstil toleriert. Und dass er, mehr denn je, der mächtigste Mann Russlands ist.
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